Jeder möchte eine gute Atmosphäre im Team und ein harmonisches Miteinander.
Und tatsächlich steigert dies auch die Motivation und Produktivität.
Doch nur bis zu einem gewissen Punkt, dann fängt es an zu „kippen“ und Produktivität, Kreativität und Innovationsfähigkeit lassen nach.
In diesem Artikel erfährst du, wann das der Fall ist, ob dein Team schon in die Harmoniefalle getappt ist und was du dann konkret machen kannst.
Warum das Gefühl von Zugehörigkeit wichtig ist
Jeder möchte eine gute Atmosphäre im Team und Kollegen, mit denen er gut klar kommt.
Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe gehört nämlich zu den sozialen Grundbedürfnissen des Menschen.
Der Mensch ist ein soziales Wesen.
Unser tiefstes Bedürfnis ist es, dass wir uns innerhalb einer Gruppe akzeptiert und zugehörig fühlen.
Fühlen wir uns akzeptiert und zugehörig, steigt unser Selbstvertrauen und wir möchten mit unseren Handlungen zum Wohle der Gemeinschaft beitragen.
Für uns Menschen ist es elementar wichtig, dass wir akzeptiert und gebraucht werden und uns zugehörig fühlen. Dann sind wir motiviert, produktiv und arbeiten gerne.
Wenn das Zugehörigkeitsgefühl fehlt
Haben wir das Gefühl von Zugehörigkeit nicht, haben wir auch nicht mehr den Wunsch etwas beizutragen und mitzuarbeiten.
Dann fangen Menschen an, sich zurückzuziehen und ich-bezogen zu werden.
Oder aber sie fangen an, im Team zu stören, indem sie bei jeder Gelegenheit meckern und Veränderungen blockieren.
Damit Menschen produktiv arbeiten, brauchen sie also ein Gefühl von Akzeptanz und Zugehörigkeit.
Wenn ein Mitarbeiter im Team und bei der Führungskraft ein Gefühl der Zugehörigkeit erlebt, fühlt er sich wertvoll und bedeutungsvoll. Dies wirkt sich direkt auf die Arbeit auf, man wird kreativer und produktiver, traut sich mehr zu und agiert im Team und mit der Führungskraft kooperativ.
Ein Gefühl von Zugehörigkeit und eine gewisse Harmonie ist also wichtig.
Aber wann fängt es an zu kippen?
Wann ist es zu viel und Harmonie wird schädlich für dein Team?
Bei diesen Merkmalen steckt dein Team in der Harmoniefalle
Dafür möchte ich dir zuerst ein paar Punkte nennen, an denen du selber reflektieren kannst, ob dein Team schon in der Harmoniefalle steckt.
Wenn du nämlich folgendes beobachtest, sollten bei dir wirklich alle Alarmglocken schrillen.
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In Meetings gibt es keine kritischen Diskussionen mehr
Eigene Meinungen und Ideen werden kaum noch eingebracht oder aber sie werden geäußert und direkt verworfen, wenn man feststellt, dass diese nicht auf die Zustimmung der Gruppe treffen.
Beiträge anderer werden nicht mehr kritisch hinterfragt oder diskutiert, sondern um die Harmonie zu wahren, wird ihnen zugestimmt. Entscheidungen werden dadurch fast immer einstimmig gefällt, indem man die eigene Meinung runterschluckt.
2. Kritik, Ärger und Konflikte werden nicht mehr offen angesprochen
Die Teammitglieder sind übertrieben nett und freundlich miteinander. Sie loben sich gegenseitig immer wieder und betonen die gute Teamarbeit.
Kollegen die ausscheren und offen und direkt auch kritische Äußerungen tätigen oder weniger harmoniebedürftig kommunizieren, werden mit Missbilligung sanktioniert.
Da die übertriebene Nettigkeit nicht nur unglaubwürdig und unauthentisch, sondern auch anstrengend ist, kippt irgendwann die Stimmung, und Teammitglieder reagieren schnell gereizt und meiden eher gemeinsame Aktivitäten wie Weihnachtsfeiern oder Betriebsausflüge.
Und wenn das Harmoniebedürfnis der Gruppe extrem groß ist, und das Individuum sich nur noch unterordnen muss, lässt auch die Motivation an der Arbeit nach.
Da die Führungskraft bei solchen Teams meistens selber der Harmoniesucht unterliegt, hilft es, sich eine Außenwahrnehmung zu holen.
Höre dich mal in anderen Abteilungen um, wie wird dein Team dort wahrgenommen?.
Welches Image hat dein Team im Unternehmen?
Seid ihr dafür bekannt, immer betont freundlich und nett miteinander umzugehen?
3. Fehler werden stillschweigend hingenommen
Wenn ein Einzelner einen Fehler gemacht hat, wird dieser ignoriert oder verharmlost.
Statt Fehler als Chance zu sehen um etwas nachhaltig zu verbessern sind Fehler eher etwas unangenehmes. Man möchte ja nicht einen Kollegen darauf aufmerksam machen oder ihn womöglich damit bloßstellen und die Beziehung zu dem Kollegen gefährden. Also wird über Fehler hinweggesehen und diese nicht offen angesprochen. Damit wird dem Bereich ein wichtiger Part der Weiterentwicklung genommen.
Diese drei Faktoren lähmen eine Abteilung.
Das Team verwaltet dann fast nur noch den Status Quo, aber wirkliche innovative Weiterentwicklung ist nicht möglich. Dafür braucht es kontroverse Diskussionen, unterschiedliche Perspektiven und Meinungen und das Ringen um die bestmöglichen Lösungen.
Der Unternehmensberater Roland Jäger hat in seinem Buch „Ausgekuschelt“ gesagt, dass „in vielen Teams der Arbeitsplatz mit einem Ort verwechselt wird, wo man Freundschaften pflegt und das Zusammensein in der Teeküche mehr zählt als die eigentliche Arbeit.
Das Resultat ist, dass diese Teams am Ende nur noch ihre Beziehungen managen, aber nicht mehr ihre eigentliche Arbeit.“
Innovative Weiterentwicklung des Bereiches kann nur passieren, wenn auch kontrovers diskutiert wird, wenn das Ergebnis mehr im Mittelpunkt steht als die Beziehung zueinander.
Wenn inhaltlich nicht mehr gerungen wird und Teams nach dem Grundsatz arbeiten: „wir haben uns alle so lieb“, dann ist dringender Handlungsbedarf, denn hier hat Leistung und Weiterentwicklung definitiv nachgelassen.
Aber was kannst du nun konkret tun, wenn du ein Harmonieteam hast?
In diesem Fall ist dein Ziel, eine Konfliktkultur zu etablieren.
Eine Konfliktkultur, in der jedes Teammitglied offen seine Meinung äußern kann und in der kritisches Feedback und inhaltliche Diskussionen gewünscht sind.
Eine Konfliktkultur bei der inhaltlich gerungen wird, aber die Beziehung zueinander darunter nicht leidet. Jeder muss für sich das Gefühl haben, dass er weiterhin von der Gruppe akzeptiert und geschätzt wird, auch wenn er anderer Meinung ist und sich kritisch äußert.
Die ersten beiden Schritte um dahin zukommen:
1. Kontroverse Diskussionen einfordern
Starte bei deinen Meetings und fördere das Diskussionsverhalten deines Teams.
Fordere jedes Teammitglied auf, seine Meinung zu äußern und forciere Gegenargumente.
Der ehemalige General-Motors-Manager Alfred Sloan hat bereits vor über 80 Jahren bei seinen Meetings folgendes eingeführt:
Er hat Entscheidungen erst gelten lassen, sobald sich jemand dagegen ausgesprochen hat.
Es geht nicht darum, dass dein Team jetzt alles zerreden und durchdiskutieren soll, aber wenn es um inhaltliche Fragen und Weiterentwicklung geht, solltest du den Raum dafür schaffen und klar kommunizieren, dass du jetzt den Standpunkt von jedem erwartest und einen konstruktiven inhaltlichen Diskurs möchtest.
Gerade zu Beginn, wenn Teammitglieder sich vielleicht auch noch nicht trauen offen ihren Standpunkt zu vertreten, kann die Methode Perspektivwechsel helfen.
Frage dein Team „Wenn jetzt ein Außenstehender (z.B. jemand aus einem anderen Bereich, ein Kunde usw.) hier wäre, was würde er sagen und uns raten?“
Mit dieser „Brücke“ können eher zurückhaltende Kollegen offen ihre Meinung sagen ohne die Ablehnung der Gruppe fürchten zu müssen.
2. Statt übertriebene Nettigkeit – Klartext reden
Natürlich ist eine wertschätzende Kommunikation wichtig, aber manche Teams übertreiben es und gehen so betont lieb und nett miteinander um, dass es nicht nur unauthentisch ist, sondern auch lähmend. Dies hängt auch stark vom Kommunikationsverhalten der Führungskraft ab. Daher reflektiere dich einmal selber: Lebst du eine übertriebene Nettigkeit vielleicht sogar vor?
Versteckst du Kritik immer zwischen ganz viel Lob?
Wann hast du das letzte Mal einem Mitarbeiter auch ganz offen deine Meinung geäußert zu einem Sachverhalt?
Wenn du dich jetzt hier ertappt fühlst, fang heute direkt an mehr Klartext zu reden.
Der Vorteil dabei ist, dass du fürs Team auch verlässlicher wirst. Sie können dich besser einschätzen und respektieren dich mehr als wenn du immer nur übertrieben nett bist.
Statt übertrieben nett zu sein, sei authentisch und ehrlich. Sag deine Meinung, äußere Kritik, natürlich auch Lob und auch mehr Lob als Kritik, aber mach es authentisch.
Und zeige deinem Team, wenn du auch mal schlechte Tage hast. Führungskräfte die jeden Tag immer gleich nett lächeln und gut gelaunt sind, sind nicht greifbar und nicht ehrlich.
Wenn du „Klartext reden“ vorlebst, wird dein Team nachziehen und sein Kommunikationsverhalten ebenfalls verändern.
Mit diesen zwei Schritten, hast du den Grundstein gelegt für eine offene Konfliktkultur.
Und um diese Konfliktkultur zu schaffen und zu erhalten, musst du als Führungskraft immer wieder den Wert des Streits, der kontroversen Diskussionen betonen, aber auch klarstellen, dass es nichts Persönliches ist. Es geht immer um die Sache, nicht um den Menschen.
Harmonie und Konflikt stellen so gesehen keinen Widerspruch dar, da der produktive Konflikt nichts weiter ist als eine kreative Auseinandersetzung, um zu besseren Ergebnissen zu kommen.
Ich hoffe, ich habe dir mit diesem Artikel Lust auf kontroverse Diskussionen gemacht und dir verdeutlichen können, dass die Teams, die immer harmonisch miteinander umgehen, eben nicht die besten Teams sind, wie es so oft angenommen wird.
Also habe Mut offen und direkt zu sein und unterstütze dein Team auf dem Weg dahin.
Ich wünsche dir viel Erfolg dabei und freu mich über deinen Kommentar zu diesem Blogbeitrag.
Episodenbild: Photo by Cytonn Photography on Unsplash
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